Europa, Frankreich, Reportagen

Das größte anzunehmende Malheur des Anfängerparfümeurs


Schlagwort: , , , , , .

Patrick Süskinds genialer Duftkreateur Jean-Baptiste Grenouille pilgerte nach Grasse, um in dem „gelobten Land der Parfumeure“ aus dem Geruch junger Frauen den Duft der Düfte zu komponieren. Wer sein Talent als „Nase“ überprüfen will, kann in der südfranzösischen Stadt an einem Parfümworkshop teilnehmen. Als Gott des Duftes wie die Romanfigur fühlt man sich dabei allerdings eher weniger. Ein Selbstversuch.

Wir sind erst bei der fünften Flasche angelangt, da wird mir schon ganz blümerant. „Neroli Tunisie“, steht auf dem Etikett. „Was riechen Sie?, fragt Workshop-Leiterin Diane in die Runde und wedelt mit dem Teststreifen. Die Parfümlehrlinge wedeln mit, schnuppern, wedeln, schnuppern. Lack, Pferdemist, Leder, Alpina-Farbe und Teer, lauten die Antworten. Diane lächelt begeistert: „Gut, sehr gut. Sie werden immer besser.“

Auf unseren Arbeitstischen steht die Anfängerausstattung zum Kreieren von Eau de Cologne: neun Düfte, Messbecher, Pappstreifen, Pipetten und eine Tabelle zum Notizenmachen. Am Ende des Workshops in der Parfümfabrik Fragonard sollen wir unser eigenes Duftwässerchen kreieren: süßlich oder würzig, leicht oder schwer, weiblich oder männlich, ganz nach unseren Vorlieben. Mir schwebt ein Parfüm vor, das nach Meer riecht. Nach sonnendurchtränkten Strandkiefern und Sommerhaut, nach Heu und Asphalt nach Sommerregen. Vielleicht auch nach einer Nuance von Vanillekipferlgeborgenheit aus Kindertagen. Nach Schwerelosigkeit, Weite und Heimat.

Grasse_Fragonard_Workshop
Workshop-Leiterin Diane in der Parfümfabrik Fragonard

Als wir an diesem Novembermorgen in Grasse angekommen waren, hatte bis auf die paffenden Schlote der Destillerien erst einmal nichts auf das „gelobte Land der Parfumeure“ hingedeutet, wie der Pariser Duftexperte Giuseppe Baldini in Patrick Süskinds Roman „Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders“ über die Stadt schwärmt. Keine Blumenmeere nirgendwo, weder Mimosen noch Narzissen, Veilchen, Orangenblüten, Mairosen, Lavendel, Jasmin oder Nachthyazinthen. Blütenebbe in der Region, die sich durchschnittlich 300 Tage im Jahr in der Sonne Südfrankreichs baden kann und mit ihrem milden Klima ein ideales Terrain für Blumenzüchter ist.

Es ist die Jahreszeit, in der auch Süskinds Duftjäger und Frauenkiller Jean-Baptiste Grenouille eine Pause einlegte. Die Stadt schöpfte Hoffnung, dass das mordlustige Monster weitergezogen sei, und hob die nächtliche Ausgangssperre für Frauen wieder auf. Zwei Dutzend Leichen waren bis dahin zu beklagen gewesen – allesamt blutjunge Mädchen, deren Leiber man nackt und geschoren in Blumenfeldern fand.

Lediglich der steinreiche Witwer Antoine Richis traute dem Frieden nicht und sorgte sich weiter um sein kostbarstes Gut: seine Tochter Laure, eine engelhafte Wahnsinnsschönheit mit dunkelroten Haaren und grünen Augen, die ihm, wenn er sie beim Schlafen betrachtete, wie von Gotteshänden hingelegt erschien, und er sich verfluchte, „dass er der Vater dieser Frau war und nicht ein Fremder, nicht irgendein Mann, vor dem sie so läge wie jetzt vor ihm, und der sich ohne Bedenken an sie, auf sie, in sie legen könnte mit all seiner Begehrlichkeit“.

Grasse
Viel Sonne und ein mildes Klima schaffen in Grasse ideale Bedingungen für Blumenzüchter.

Auf Grenouille hatte Grasse zunächst auch keinen großen Eindruck gemacht, allerdings war er bis auf seine Duftleidenschaft ja sowieso die Leidenschaftslosigkeit in Person. Als der Supernasensonderling die Stadt an einem Märztag des Jahres 1764 erreichte, erblickte er einen Ort, der schon zu oft erobert wurde, „als sei er es müde, künftigen Eindringlingen noch ernsthaften Widerstand entgegenzusetzen – aber nicht aus Schwäche, sondern aus Lässigkeit oder sogar aus einem Gefühl von Stärke. Er sah aus, als habe er es nicht nötig zu prunken“.

Grenouille wollte in Grasse seine Techniken als Parfümeur perfektionieren und nichts weniger als den besten Duft der Welt kreieren. Die Stadt florierte zu jener Zeit als Produktionsstätte für Duftrohstoffe, Parfümeriewaren, Seifen und Öle. Mit der italienischen Renaissance waren parfümierte Handschuhe in Mode gekommen – eine Marktlücke, die Grasse perfekt bedienen konnte, verfügte die wasserreiche Stadt in den Ausläufern der Seealpen doch über ein alteingesessenes Gerbereigewerbe.

In seiner Besessenheit, ein alles überragendes Duftkunstwerk zu schaffen, startete Grenouille eine wilde Versuchsreihe mit Tier- und Menschengerüchen. Er ertränkte Larven und Ratten in heißem Fett, bettete einen Hundekadaver zwischen Fettplatten, präparierte eine stumme Bettlerin mit Ölmischungen und hängte zu Weihnachten unter den Bänken der Kathedrale Probefähnchen aus, um sie nach sieben Messen wieder einzuholen: „Ein schauerliches Duftkonglomerat aus Afterschweiß, Menstruationsblut, feuchten Kniekehlen und verkrampften Händen, durchmischt mit ausgestoßner Atemluft aus tausend chorsingenden und avemarianuschelnden Kehlen und dem beklemmenden Dampf des Weihrauchs und der Myrrhe hatte sich auf den imprägnierten Fetzchen abgebildet.“

Doch nur der Geruch junger Frauen erschien Grenouille exquisit genug für sein Vorhaben: Was er begehrte, war der Duft gewisser Menschen: jener äußerst seltenen Menschen nämlich, die Liebe inspirieren.“ Und selbstverständlich machte er später auch noch Jagd auf die schöne Laure, deren Odeur sein Werk krönen sollte.

In unserem Workshop lernen wir, dass ein erfahrener Parfümeur bis zu 3.000 Düfte erkennen kann. Dafür muss er sein Geruchsgedächtnis täglich mit Blindtests trainieren. Mein olfaktorischer Zwischenspeicher ist schon bis zum Anschlag voll, als wir die drei Düfte für die Basisnote gerochen haben: Orange, Zitrone und Bergamotte. Gibt’s denn kein Fläschchen, an dem ich schnüffeln könnte, um meinen Geruchssinn zu neutralisieren? Kein Mittelchen gegen den zudringlichen Zitrusfruchtnebel? Keine Leiter, um von der Duftwolke herabzusteigen, die mich sicherlich längst hinaus über die Dächer der Parfümfabriken getragen hätte, wären nicht alle Fenster des Labors geschlossen? Etwas zum Erden wie Weißbrot bei Weinproben? Gibt’s nicht. Mich befallen erste Zweifel, dass in mir eine unerkannte Begabung zur Parfümkünstlerin schlummert.

„Arbeiten wir an der Architektur“, sagt Diane, nachdem wir uns pappstreifenwedelnd mit allen Düften für unser Eau de Cologne vertraut gemacht haben. Sie zeigt auf eine Tafel mit einer Pyramide und referiert über das Verhältnis von Basis-, Herz- und Kopfnote, erklärt die Unterschiede zwischen Eau de Cologne, Eau de Toilette und Eau de Parfum, jongliert mit Fachbegriffen zur Rohstoffgewinnung – Destillation, Extraktion, Mazeration, Enfleurage – und beschließt ihren Vortrag mit der Ansage, dass wir nun zu unserer eigenen Parfümkreation schreiten können.

Ich habe mir vorgenommen, wie der omnipotente Gott des Duftes zu verfahren, als welchen sich Grenouille bezeichnete. Er wollte den Düften Fesseln anlegen, „die ihren Freiheitsdrang zügeln, wobei die Kunst darin besteht, die Fesseln so locker zu lassen, dass der gebundene Geruch seine Freiheit scheinbar behält, und sie doch so eng zu schnüren, dass er nicht fliehen kann“. Alles klar. Mit den Messbechern schütten wir die Basisnote aus den Zitrusdüften zusammen, sie soll 85 Milliliter von 100 Millilitern ausmachen. Dann zücken wir die Pipetten, um ganz vorsichtig, Tropfen für Tropfen, die Herz- und Kopfnote zu gestalten. Dafür bleiben uns noch 20 Minuten des anderthalbstündigen Workshops.

Grasse_Fragonard4
Modell einer Duftorgel, an denen professionelle Parfüm-Designer experimentieren.

In der Parfümindustrie dauert es zwei bis drei Jahre, bis ein neuer Duft marktreif ist. Denn nicht nur bei der Parfümkomposition wird mit Akkuratesse vorgegangen, sondern auch beim Entwurf des Flakons, bei der Namensfindung und der Entwicklung von Werbekonzepten für die Produktpositionierung. Um ihre Ideen umzusetzen, experimentieren die Duft-Designer an ihren Parfüm-Orgeln mit Hunderten von natürlichen und synthetischen Ingredienzien. Der wohl bekannteste Wurf aus Grasse ist der Kultduft Chanel N°5 . Ich vertraue darauf, dass mich meine Komposition spätestens nach ihrer Vollendung zu einem zauberhaften Namen inspirieren wird, irgendetwas melodiöses Französisches mit Amour, Etoiles, Infinité oder so, Liebe, Sterne, Unendlichkeit.

Rund 1,5 Millionen Touristen zieht es jedes Jahr in die selbst ernannte „Welthauptstadt des Parfüms“. Zu den größten Magneten zählt die Parfümfabrik Fragonard, die nach dem Marineland in Antibes mit 900.000 Gästen als meistbesuchte Attraktion der Côte d’Azur gilt. Durch die historische Produktionsstätte mit Kupferkesseln, Destillationsapparaturen und Flakons aus mehreren Jahrhunderten kann man sich kostenlos führen lassen, wobei der Hauptzweck natürlich darin besteht, die Besucher am Ende in die Boutique zu lotsen.

Grasse_Fragonard
Bei kostenlosen Führungen kann man einen Einblick …
Grasse_Fragonard3
… in die hohe Kunst der Parfümherstellung gewinnen.

Seit dem Erscheinen des Süskind-Krimis 1985, der mit Übersetzungen in 48 Sprachen und mehr als 20 Millionen verkauften Exemplaren zu den größten Erfolgen unter den deutschen Romanen des 20. Jahrhunderts zählt und 2006 von Bernd Eichinger und Tom Tykwer verfilmt wurde, sind bei den Touristen auch Rundgänge auf den Spuren von Grenouille sehr beliebt. Vor unserem Workshop waren wir mit Laurent Pouppeville durch das Gassengeflecht der Altstadt spaziert.

Unterwegs hatte der Guide aus einer Mappe immer wieder Romanpassagen zitiert: in der Rue de la Lauve, in der Süskind das Parfümatelier von Grenouille ansiedelte, vor der Kathedrale Notre-Dame-du-Puy, den alten Brunnen, den mittelalterlichen Häusern der Duftwarenhändler und auf dem arkadengesäumten Place aux Aires, auf dem die Gerber einst ihre Tierfelle wuschen und zum Trocknen auslegten. „Der Geruch war so stechend, dass manchem der Gäste der Geschmack am Essen verging“, schildert Grenouille. Wir schnupperten in den Gassen und auf den Plätzen herum, fangen aber nur appetitliche Düfte ein – aus Cafés, Restaurants, Parfümerien und Boulangerien, die sich konsequenterweise auf beduftete Backwaren spezialisiert haben.

Grasse_Baeckerei
Spezialität der Boulangerien von Grasse: beduftete Backwaren
Grasse_Altstadt_Gasse
Spaziergang durch das Gassengeflecht der Altstadt
Grasse_Rue_de_la_Lauve
In der Rue de la Lauve siedelte Süskind das Parfümatelier von Grenouille an.

Im internationalen Parfümeriemuseum der Stadt kann man sich über die Höhen and Tiefen der Duftindustrie informieren. In Grasse wurden zu Spitzenzeiten jährlich 1.800 Tonnen Jasmin eingefahren. Binnen des letzten Jahrhunderts ist die Zahl der Blumenanbauer aber rapide zurückgegangen – von mehreren tausend auf unter 50. Die meisten Rohstoffe, die in den 34 Parfümfabriken der Stadt verarbeitet werden, stammen heute aus Billiganbauländern wie Bulgarien, Marokko und der Türkei. Dabei setzen die Unternehmen neben ihren klassischen Parfümartikeln auch auf neue Geschäftsfelder wie Duftstoffe für Fertignahrung, Waschpulver und Putzmittel.

Fieberhaft tüfteln wir an der Veredelung unserer Duftwässerchen. Flaschen auf- und zudrehen, Pipetten aufziehen, Tröpfchen rausdrücken, Pappstreifen tränken, wedeln, schnuppern. Auch Süskind ließ sich im Zuge seiner Romanrecherchen bei Fragonard in die hohe Kunst der Parfümherstellung einführen. Mein Eau de Cologne riecht beharrlich nach Zitrone, obwohl ich schon großzügig mit Lavendel und Rosmarin gegengesteuert habe. Vielleicht noch einige Tropfen „Petit Grain“ – ein Duft, den uns Diane als „guten Freund zum Gestalten“ vorgestellt hatte. Und wirklich, der nächste Teststreifen bringt ein neues Ergebnis: Meine Mischung erinnert jetzt an Scheuermilch mit Zitrusnote.

Die Hoffnung, ein berauschendes „Duftdiadem“ zu erschaffen wie Grenouille es mit seinen Frauendüften vorhatte, zerrinnt mit jedem Tropfen, der meine Kreation nicht besser, sondern grässlicher macht, also unaufhaltsam. Ich versuche es mit drei Millilitern „Neroli Tunisie“. Das Resultat haut mich fast vom Stuhl. Meine Essenz riecht nun genau wie WC-Reiniger. Ich warte ein bisschen, denn Diane hatte immer wieder betont, dass sich die Moleküle erst peu à peu entfalten, und kontrolliere erneut: Das WC-Reiniger-Bukett hat an Strenge noch gewonnen.

Bleibt noch „Verveine“, Zitronenstrauch, als letzte Rettung. Doch dann passiert das für einen Anfängerparfümeur größte anzunehmende Malheur: Mit dem Ellbogen kegele ich die Flasche um. Der Schwall ergießt sich über den Tisch und erreicht auch mich und meine Kleidung. Ausgerechnet die abscheulichste aller Duftnoten. Warum nicht Rosmarin, der „Tau des Meeres“? Oder Bergamotte, die „Königin des Parfüms“ – dominant zwar, aber lange nicht so ekelhaft wie Zitronenstrauch. Diane hatte uns vor der Komponente gewarnt: Ein Milliliter zuviel davon, und unser Parfüm würde wie Plastikflaschen riechen, die an einem Sommertag stundenlang im Auto geschmort haben.

Grasse_Fragonard_Workshop2
Mein Arbeitsplatz vor der großen Katastrophe
Fotos: pa/P. Behar (1)

Meine Kleidung hat die ausgelaufene Flüssigkeit begierig aufgesogen. Wenn es so etwas wie Geruchsblindheit gibt, dann bin ich das jetzt. Ich rieche nur noch Zitronenstrauch. Einen ganzen Berg von erhitzten Plastikflaschen. Süßlich, künstlich, widerlich, die Hölle. Ja, das ist es: Ich taufe mein Parfüm auf den Namen „L’enfer“. Viel schlimmer kann es dort unten auch nicht riechen. „90 Prozent der Arbeit beim Essen und Trinken ist von der Nase gemacht“, hatte Diane in ihrem drolligen Deutsch ausgeführt. Wie lange es wohl dauern wird, bis nicht mehr alles, was ich zu mir nehme, nach warmem Kunststoff schmeckt? Und wann wird hinter dem Zitronenstrauch wieder mein eigener Geruch hervortreten? Grenouille besaß einen phänomenalen Geruchssinn, aber keinen Körpergeruch. Ich beginne zu ahnen, wie furchtbar sich das anfühlen muss, so ganz ohne Geruchsidentität.

Es heißt, dass Gerüche die Boten der Erinnerung sind, weil sie die allertiefsten Empfindungen hervorrufen können, stärker noch als Bilder. Gerüche beamen einen ruckzuck an einen anderen Ort und in eine andere Zeit. Ein bestimmter Plätzchenduft – und zack ist man wieder Kind und die Oma noch am Leben. Irgendwo auf der Straße erhascht man den Hauch eines Parfüms, das eine verflossene Liebe trug, und blitzartig ist der ganze Schlamassel wieder präsent, als hätte man ihn erst gestern durchgestanden. Der Geruch von warmem Plastik wird fortan mit meinen Duftexperimenten in Grasse verbunden sein. Das ist so sicher wie die Erkenntnis, dass an mir keine geniale Parfümkünstlerin verloren gegangen ist.

IN DER WELTHAUPTSTADT DES PARFÜMS
Mehrere Parfümfabriken wie Fragonard, Galimard und Molinard bieten kostenlose Führungen ohne Voranmeldung an. Der Parfüm-Workshop bei Fragonard kostet 65 Euro und enthält 100 Milliliter selbst kreiertes Parfüm, Schürze und Diplom (www.fragonard.com). Weitere Infos gibt es beim Tourismusbüros von Grasse unter www.grasse.fr.

7 Comments

  • Ein schöner, interessanter und liebevoller Bericht aus Grasse! Es ist doch kaum zu glauben, dass ein deutscher Roman über ein französisches Dorf damals und heute eine solche Wirkung hatte und hat. Leider war ich noch nie in Grasse, aber der Artikel macht Lust darauf!
    Ein Kompliment und viele Grüße, auch die besten Wünsche für viele Reisen im neuen Jahr.
    Hermann

    • Vielen Dank für die schöne Rückmeldung! Was die Wirkung des Romans betrifft, so war ich eigentlich eher überrascht, dass die Stadt da nicht noch viel mehr rausholt. Zum Beispiel gab es nirgendwo Wegweiser zu den Schauplätzen. Grasse ist auf jeden Fall einen Abstecher wert, allerdings sicherlich mehr im Frühjahr, wenn der Blütenreigen beginnt.

      • An dieser Stelle noch ein Kommentar in eigener Sache: Eine aufmerksame Leserin – Biologin und Botanikerin – hat mich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem vermeintlichen Eisenkraut um Zitronenverbene/Zitronenstrauch gehandelt haben muss, weil Eisenkraut kaum riecht. Sie hat Recht: Auf der Flasche stand „Verveine“, was wir uns im Workshop fälschlicherweise als Eisenkraut übersetzt haben. Ich habe die entsprechenden Passagen also korrigiert.

  • Na, das ist ja mal ein Artikel mit schönem Thema!
    Zugegeben: Ich bin gerade ein wenig neidisch. Nein. Sehr neidisch!

    Okay, ich hätte es damit versucht:
    Hauptnote Sandelholz (leider immer recht kompliziert mit den ganzen Baumharzen)
    Einen Ticken Weihrauch
    Ein sehr vorsichtiger Hauch von Skatol (von wegen „Afterschweiß“)
    Dann könnte ich mir vorstellen, dass man aus den Früchten des Johannisbrotbaums einen Geruch von historisch gewordenem Leder zaubern könnte.
    Eine Prise Maiglöckchenduft?

    Zugegeben, das ganze ist noch sehr schwer. Die aufhellenden floralen Elemente können andere bestimmt besser.

  • Ah, apropos Bergamotte:

    Free life
    (Etienne Aigner)
    Einführung 1987, ca. Mitte oder Ende der 90-er vom Markt genommen. Seither leider rapide steigende Preise.
    Wurde eines der zahlreichen Zeitgeist-Opfer der sog. Metrosexualität, die klassisches Männerselbstverständnis wie auch klassische Männerdüfte nicht mehr zuzulassen schien/scheint.

    Kopfnote: Bergamotte, Lavendel, Muskateller, Rosenholz
    Herznote: Rosengeranie, Maiglöckchen, Rose, Zeder
    Basisnote: Amber (nicht Ambra!), Patchouli, Sandelholz, Vanille

    Keinerlei Leichenhauch mit eingebaut – Grenouille und hübsche Frauenkadaver hin oder her.

    Das Hippiezeuch Patchouli fällt da nicht im mindesten negativ auf. Gleichermaßen unauffällig ist die Vanille eingebaut.
    Die Mengenverhältnisse sind so harmonisch und trotzdem kraftvoll abgestimmt – ein großes olfaktorisches Kunstwerk.
    Ich vermutete anfangs fälschlich einen Weihrauch-Anteil.
    Den Muskateller kann man erriechen, die Zeder, das Sandelholz natürlich, vielleicht das Maiglöckchen.

    Versuche des Rechteerwerbs scheiterten bis heute an höflicher Ignoranz seitens Aigner.
    Nur noch eine Flasche vorhanden. Wird nur an besonderen Tagen verwendet. Der Deckel des Originalflakons (Kunststoff) neigt bei langer Lagerung über mehrere Jahre zum Bröseln. Vorsicht also!

    Ansonsten bin ich für Tipps dankbar, wie sich der Duft von Paulownia tomentosa (Blauglocke, Blüten) fixieren lässt. Einfache Destillation hat sich allenfalls als mäßig erfolgreich erwiesen. Geht leider nicht alles so einfach wie Lavendel, Thymian oder Minze.
    Auch für Tipps zur Johannisbrot-Frucht bin ich dankbar. Würde sie im Mix beschreiben (aus der vagen Erinnerung) wie: Leder, Butter, mittelfrischer (Achsel-)schweiß, vielleicht Kakao, älterer, ausgetrockneter Käse, eine kleine Idee von jungem weiblichem Damm, insgesamt leicht süß bis attraktiv-ordinär.

    Hach, was ein unverschämt geiles Thema! Hab das erst per Zufall hier entdeckt.

Kommentare sind geschlossen.