Wer ist sie und wenn ja, wie viele? Das fragen wir uns, als wir vor der Gemäldesammlung von Evita stehen. Evita blickt verträumt …
… von einem Chagall-Bild und perspektivisch verzerrt von einem Picasso-Werk. Ihr kantiges Konterfei hat sich auf die elegant gewandete „Goldene Adele“ von Gustav Klimt geschmuggelt und in Jan Vermeers Gemälde „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“.
Evita ist ursprünglich auch nicht Evita. Sie heißt mit bürgerlichem Namen Pieter-Dirk Uys und wurde als Sohn eines Buren und einer jüdischen Pianistin aus Berlin in Südafrika geboren. Sie ist die berühmteste Drag Queen des Landes, die schon zu Zeiten der Apartheid maskiert mit falschen Wimpern, Perücken und eleganten Kleidern die Staatsoberhäupter parodierte – immer haarscharf an der Zensur vorbei.
Vor 17 Jahren eröffnete der Verwandlungskünstler im früheren Bahnhof von Darling, einem Ort bei Kapstadt an der Westküste Südafrikas, sein eigenes Theater. Statt um Rassentrennung geht es in den Satireprogrammen nun um Kriminalität, Aids, Vetternwirtschaft. Evitas Theater lohnt aber auch einen Besuch, wenn gerade keine Vorstellung gegeben wird. Denn die Dame hat sich hier eine eigene Welt geschaffen, vollgestopft mit Fotos, Bildern und bedeutungsvoll arrangiertem Krimskrams.
Willkommen am alten Bahnhof von Darling, der heute „Evita se Perron“ heißt. Das bedeutet aus dem Afrikaans übersetzt „Evitas Bahnsteig“ und erinnert nicht zufällig an die argentinische Frauenrechtlerin Evita Peron.
In der Gemäldesammlung von Evita ist eine Auslese der ganz großen Maler vertreten – und auf jedem einzelnen Kunstwerk auch sie selbst.
Früher saß in diesem Häuschen der Bahnwärter von Darling. Jetzt ist es die Bühne für Evitas Politsatire. Ihre Programme tragen Titel wie „Elections and Erections“, „Adapt or Fly“ und „50 Shades of Bambi“.
Zu Evitas Heimstatt gehört auch ein kleines Restaurant, das mit Bildern geradezu tapeziert ist und …
… mit Kunstledersitzen, Plastiktischdecken und Reisekoffern ein wenig Bahnhofskneipenatmosphäre verströmt.
Hinter dem Haus liegt der Garten mit allerlei sonderbaren Ausstellungsstücken und Arrangements – Skulpturen, Schildern, CD-Mobiles in den Bäumen und dem gelben „M“ einer bekannten Fastfood-Kette, unter dem Tierschädel verwesen.
Und wenn man schon mal bis nach Darling gefahren ist, sollte man sich gleich auch noch die Westküste anschauen. Die ist zwar nicht so abwechslungsreich wie die vielbereiste Südostküste der Gartenroute, aber einen Abstecher trotzdem wert.

Weiter oben in Paternoster sind die Häuser weiß wie die Gischt. Am Strand liegen bunte Boote herum wie ein gestrandeter Fischschwarm.