Finnland, Nie wieder

Schockfrostung in Finnisch-Lappland


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Nie wieder will ich bei minus 32 Grad stundenlang …

… mit einem Schneemobil durch die Wildnis Finnisch-Lapplands knattern. Es war mitten im tiefsten Winter, als wir von Levi zu einer Safari in die weißen Weiten aufbrachen. Mit vier Lagen hatten wir uns gegen die barbarische Kälte vermummt, Unterwäsche, Skiunterwäsche, Wollpulli und Jeans, darüber ein Thermoanzug, und sahen damit wie eine Kreuzung aus Bankräuber und Michelin-Männchen aus. Unter dem Helm trugen wir eine Mütze, die Füße steckten in zwei Paar Socken und die Finger in zwei Paar Handschuhen – gerade noch beweglich genug, um die Schalter des Motorschlittens zu bedienen. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass uns der Textilpanzer zuverlässig gegen den eisigen Atem von Väterchen Frost schützen würde, und stürzte mich einigermaßen unbekümmert in das Abenteuer.

Wir brummten über Schneefelder, die makellos wie ein frisch bezogenes Bett in der Sonne leuchteten. Durch dichte Tannenwälder, die sich unter den weißen Lasten krümmten. Über Hügel, die ein sachtes Achterbahngefühl im Bauch verursachten. Bis der Wintertag, der in Lappland nur wenige Stunden Helligkeit bringt, ganz plötzlich zu Ende ging. Als wir an unseren Fahrzeugen das Licht einschalteten, war ich schon vom Helm bis zu den Schaffell-Boots schockgefrostet. Der Fahrtwind. Das Nichtstun außer Gasgeben. Meine Finger und Füße fühlten sich wie Fremdkörper an, der Atem hatte hinter dem Visier feine Eiskrusten gebildet, die Zähne klapperten ohne Unterlass.

Bis zu diesem Moment hatte ich Zähneklappern als reine Metapher für Höllenqualen gehalten. Und ja, mir war auch ganz deutlich nach Heulen zumute. Wahrscheinlich wären die Tränen als Eismurmeln in den Schnee gekullert. Doch dann ging es schon wieder weiter, rauf auf den Schneemobil-Bock, das Rücklicht des vorderen Schneemobils durch die eisverkrusteten Wimpern und das beschlagene Visier im Blick behalten, Gas geben bis zum Anschlag, der Erlösung entgegen: dem Hotel mit Sauna. Wir schossen über Schneefelder, auf denen hagere Bäume wie Skelette herumstanden, durch Tannenwälder, die sich wie der Eintritt zur Unterwelt vor uns auftaten, und über Hügel, hinter denen ich mir nur eins wünschte: den warmen Schein der Zivilisation. Das Ende der Eishöllenfahrt.